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03.2020 | Hinter den Kulissen

Aus dem Lichtprofil entsteht im Prinzip alles

von Thomas Ritt, Produktdesigner

Am Anfang aller Leuchten steht das Lichtprofil

Den Grundgedanken eines Profils nutzen wir nicht nur für eine einzige Leuchte. Das Profil ist der Ausgangspunkt für weitere konzeptionelle Ableitungen. In seiner spezifischen Geometrie nutzen wir ein Profil in unterschiedlichen Kontexten. Manchmal in einer anderen Konfiguration, anderen Ausrichtung, vielleicht mit weiteren Typen der Profilfamilie. Das Profil selbst können wir dadurch in unterschiedlichen Längen, in unterschiedlichen Kontexten so einrichten, dass es für viele verschiedene Zwecke optimal positioniert ist.

Der große Vorteil ist, dass Architekten, Lichtplaner und Bauherren mit einem einheitlichen Profil ein ganzes Konzept umsetzen können. Eine Symbiose aus Minimalismus, Pragmatik, Vielfalt.

Auch für uns als Hersteller ist das ein Vorteil. Denn wir können eine geringen Zahl an Profiltypen unterschiedlich konfigurieren und damit eine große Bandbreite verschiedener Produkte mit gemeinsamen Nenner schaffen. Wenn bei uns Profile entstehen, stellen wir uns bewusst der Herausforderung: Wie viele spätere Konfigurationen können wir mit einem Profil machen?

Ein Beispiel für die Vielfältigkeit von Profilen: Das Lichtsystem 6
Das Lichtsystem 6 ist als Kastenprofil gestartet, mit den Maßen 40 x 40 mm. Ausgangspunkt war die T6-Leuchtstoffröhre. Die ist dann in einer Konfiguration zu einem Trägerprofil für Trafos geworden. Wir haben die Lichtquelle entfernt und ein viel kleineres Profil von 40 x 10 mm hat die Lichtquelle stattdessen aufgenommen. Daraus ist dann wiederum eine Pendelleuchte entstanden. Aus der Pendelleuchte ist eine Lichtreling entstanden. Aus dem Relingsystem entstehen wiederum andere Ableitungen.

Ableitungen aus systematisch durchdachten Profilen funktionieren im ganzen Wohnbereich

Eine stringente und architektonische Licht- und Formsprache zu finden – für einen breiten Katalog an Beleuchtungsansprüchen – ist eine Herausforderung. Unsere Profile und die daraus entstehenden Leuchten sind funktionale Ableitungen eines zentralen Konzeptgedankens. Das bedeutet, dass Abzweigungen für Wohnzimmer, Küchen und Badezimmer gleichermaßen entstehen. So entsteht aus einem Profil ein lebendiges Beleuchtungskonzept für mehrere Wohnbereiche. Das ist eine angenehme Reduktion von Komplexität auf allen Seiten. Davon profitieren vor allem Architekten oder Lichtplaner.

Profile machen Beleuchtungskonzepte klarer und einfacher nachzuvollziehen

Die Arbeit wird durch den Systemgedanken deutlich einfacher. Denn wer den Profilbaukasten von GERA  einsetzt, muss sich lediglich das modulare Prinzip des jeweiligen Profils aneignen, statt etwa sieben Prinzipien von sieben verschiedenen Leuchten. Der Architekt oder Lichtplaner stellt eine Leuchtenfamilie vor, die fast im wörtlichen Sinne eine Familie ist: Alles stammt von einem Profil ab, der gemeinsamen Wurzel.

Profile und ihre Ableitungen bedeuten auch: Alles hat dieselbe Qualität – und vieles dieselben Maße

Restriktion ist das Grundgestaltungsmittel für ein Designkonzept aus ableitbaren Profilen – und damit ein Grundgestaltungsmittel für GERA Leuchten. Wir erfinden möglichst wenig neue Maße. Wenn es eine Profilhöhe von Maß 10 mm bereits gibt, dann ist es keine Frage, ob wir ein neues Profil in 11,3 mm oder 9,7 mm machen. Wir machen es in 10 mm. Diese Art der Restriktion in der Konstruktion kann brachial ausfallen. Es ist schwierig für einen Konstrukteur, aus 11,3 mm Profilhöhe – in der knapp noch sämtliche Bauteile unterzubringen sind  – aus konzeptionellen Gründen 10 mm zu machen. Das funktioniert vielleicht im ersten Moment nicht und das geht vielleicht auch im zweiten Moment nicht. Dann müssen wir eben noch mal alles umkrempeln. Und nach 2 bis 3 Wochen stellen wir fest: Ah, mit ein paar besonderen Tricks geht es doch. Es ist aber effizient, in diesen Systemen zu denken. Es gibt keine Abweichungen in der Qualität, wenig in den Maßen – das erleichtert das Handling für alle.

In Profilen zu denken ist eine herausfordernde Knobelaufgabe für Industriedesigner

Das Schöne und gleichzeitig Herausfordernde an der Arbeit mit Profilen ist, dass man bei einem neuen Profilentwurf vieles einbeziehen und vorausschauend bedenken muss. Ich führe mir immer wieder gerne vor Augen: Da ist eine Maschine, die kann extrudieren. Und die wartet auf meine Kontur. Sie kann diese Kontur zukünftig kilometerweise produzieren und fordert mich geradezu heraus: Jetzt sag doch mal, lieber Designer, was soll und muss diese Kontur denn zukünftig können? Ich bin Industriedesigner, kein Künstler. Industriedesigner sind nicht nur für die formale Gestaltung zuständig, sondern auch für das, was die Kontur in einem Fertigungsprozess ermöglicht und anrichtet. Auch darin liegt die Strenge unserer Produkte begründet.

Das ist eine große Knobelaufgabe: Was kann dieses eine Profil alles leisten, was muss ein Industriedesigner für diese Kontur vordenken? Wie schaffen wir etwas maximal Variables, das im Idealfall ein einziges Profil bleibt?

Gute Profile fördern den respekt- und verantwortungsvollen Umgang mit Material

Bevor der Startknopf einer Maschine gedrückt wird, gibt es also viel zu bedenken. Denn wenn der Designer für jede Funktion, die abverlangt wird, immer gleich ein Profil gestaltet, dann erzeugt er auf Dauer viele Tonnen gelagertes Material, Komplikationen und Verwechslungsmöglichkeiten. Wenn der Industriedesigner also feststellt, dass hier Bedarf an drei Profilen besteht und diese drei so schlau und leistungsfähig funktionieren, als seien es sieben verschiedene Profile, dann ist es ein Erfolg und ein effizientes Baukastensystem. Nur so erreichen wir Kombinatorik und Varianz, letztlich die Konfigurierbarkeit, die wir wollen. Maß-Disziplin ist dafür fundamental. Entdecken Sie unseren Baukasten für Lichtsysteme.

 

Gestaltung entspringt einer subjektiven Haltung – im Ergebnis ist sie jedoch objektivierbar, auch wirtschaftlich

Natürlich ist eine Designauffassung nicht einfach da, sie entwickelt sich, sie bestätigt sich und ist das Ergebnis eines andauernden Prozesses.

Die Gestaltungsphilosophie der Geradlinigkeit liegt nicht nur im Wesen des Gestalters, sie liegt gleichermaßen im extrudierten Material.

Design und Konstruktion bewegen sich dabei immer in Grenzbereichen von Statik und Elektrifizierbarkeit. Die Statik des neuen, kleineren Profilsystems GERA Lichtsystem 4 (20X10) ist etwas komplizierter und auch die Anforderungen an dessen Elektrifizierung werden komplexer, weil immer weniger Bauraum zur Verfügung steht. Die technischen Anforderungen bleiben gleich, die baulichen Anforderungen werden komplexer. Und auch die Anforderungen in der Elektrifizierung werden komplexer, weil immer weniger Raum zur Verfügung steht. Dass diese Herausforderung von GERA Leuchten immer aufs Neue angenommen wird, finde ich an diesem Team so toll. Es gibt kein: „Nein, das ist uns zu unbequem, zu unsicher, wir kriegen das Kabel da nicht um die Ecke.“ Solche Einwände kommen, aber sie sind nicht das Endes eines Projektes – vielmehr der Anfang.